Donnerstag, 15. März 2012

Die jüdische Volksschule



Im Zeichenunterricht von Julo Levin entstanden nach 1936 zahlreiche Zeichnungen von jüdischen Kindern. Das Stadtmuseum Landeshauptstadt Düsseldorf besitzt 2000 dieser Zeichnungen. In der Ausstellung Zeichnungen von Kindern und Künstlern  werden die Zeichnungen in ihrem zeitgeschichtlichen und kunsthistorischen Kontext gestellt. In dem Blog des Stadtmuseums veröffentlichen wir 100 ausgewählte Zeichnungen. An dieser Stelle möchten wir auf die Geschichte der Schule, der Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer aufmerksam machen.

Götzendienst
ohne Jahr
Künstler unbekannt
Farbstift, Scherenschnitt,
Transparentpapier, Seidenpapier auf Karton
Stadtmuseum Landeshauptstadt Düsseldorf
C 10359



Eine kleine jüdische Privatschule hatte es in Düsseldorf bereits zwischen 1824 und 1877 in der Marienstraße gegeben, und auch in der alten Synagoge an der Kasernenstraße wurden die jüdischen Kinder in Religion, hebräischer Sprache und jüdischer Geschichte unterrichtet. Die meisten Kinder aus der stetig wachsenden Düsseldorfer Gemeinde besuchten jedoch christliche und staatliche Schulen, Rabbiner und Vorbeter waren sonntags für die religiöse Bildung zuständig.

Das Jahr 1933, in dem Hitler zum Reichskanzler ernannt wurde, veränderte in Düsseldorf auch die kommunale und staatliche Schul- und Bildungspolitik: Zunächst wurden „nichtarische“ Lehrerinnen und Lehrer verdrängt und entlassen, danach zunehmend auch jüdische Kinder durch die Schulbehörden ausgegrenzt oder vom Unterricht ausgeschlossen. Die jüdische Gemeinde Düsseldorf hatte in dieser Zeit etwas über 5.000 Mitglieder, von denen bis Kriegsbeginn rund die Hälfte aus der Stadt und aus Deutschland emigrieren konnte.

Am 1. April 1935 wurde im direkt neben der großen Synagoge gelegenen Rabbinerhaus an der Kasernenstraße 67b eine „Private Jüdische Volksschule“ eröffnet. Unterrichtet wurden hier Hebräisch und jüdische Geschichte, Englisch oder Französisch als Wahlfächer, Deutsch und Rechnen, Naturlehre, Sport, Zeichnen und Musik. Auf eine mögliche Ausreise bereiteten die Fächer Palästinakunde, Geografie und Neuhebräisch vor. Ab dem neunten und zehnten Schuljahr standen die berufsvorbereitenden Fächer im Mittelpunkt der Lehrpläne: Werkunterricht und Kochen, Gartenbau, kaufmännisches Rechnen, Kurzschrift und Maschinenbau. In der Zeit der Ausgrenzung und Verfolgung sollten die Schülerinnen und Schüler durch regelmäßige Schulfeste, gemeinsame Ausflüge und ein starkes Gemeinschaftsgefühl auch eine positive Haltung zum Judentum und seiner Kultur entwickeln. Die Schule, eine „Erziehungsgemeinschaft“, wurde so für die noch in der Stadt verbliebenen Kinder zu einem „Zuhause“ in einer feindlichen Umwelt. In einer stillgelegten Fabrik in der Königsberger Straße, die dem jüdischen Unternehmer und Ingenieur Neumann gehörte, fand der Sportunterricht statt. Das Gelände und eine der beiden großen Hallen wurden während der Schulferien für die Naherholung der Kinder genutzt.

In der Nacht zum 10. November 1938 wurden die Synagoge und auch das daneben liegende Rabbinerhaus mit der Volksschule verwüstet, entweiht und in Brand gesteckt. Der Zerstörung in der „Pogromnacht“ waren die Schulräume, das Mobiliar, die Schulbücher und Unterlagen zum Opfer gefallen. In den meisten jüdischen Familien hatten die Kinder in diesen Tagen und Nächten Erfahrungen mit Überfällen, Gewalt und Verhaftungen machen müssen. Der Schulbetrieb wurde nach dem Pogrom im Gemeindehaus an der Grafenberger Allee 78 provisorisch fortgeführt.

Bis 1939 übte die Schulbehörde der Stadt Düsseldorf die Aufsicht über die jüdische Volksschule aus und finanzierte noch die Gehälter des Lehrerkollegiums. Dann wurde die Anstalt von der „Reichsvereinigung der Juden in Deutschland“ übernommen. Im Oktober 1941 setzten die Deportationen deutscher Juden in Ghettos und Lager in den besetzten Gebieten in Polen und dem Baltikum ein: Mit der Verschleppung von 1.003 Menschen aus dem ganzen Niederrheingebiet über den Güterbahnhof in Derendorf in das Ghetto von Litzmannstadt (Łodz) begann dieses Kapitel auch in Düsseldorf. Viele jüdische Kinder, auch Schüler der Volksschule, wurden mitsamt ihren Eltern verschleppt und später ermordet. Die Schule, die noch im Winter 1941 nach Duisburg verlegt werden sollte (aber nicht verlegt wurde), geriet in einen raschen Auflösungsprozess, der am 30. Juni 1942 mit der endgültigen Schließung endete.


Die Schülerinnen und Schüler

Die besondere Situation der Schule, der Eltern und Kinder im nationalsozialistischen Düsseldorf führte dazu, dass die Schülerschaft sehr heterogen zusammengesetzt war: Kinder aus ärmeren Familien lernten mit Kindern aus wohlsituierten Familien zusammen; streng religiös erzogene Schüler gingen mit säkularen Schülern in dieselbe Klasse; Söhne und Töchter aus assimiliertem deutsch-jüdischen Hause besuchten die Schule ebenso wie Kinder und Jugendliche, deren Vorfahren aus Osteuropa zugezogen waren und einen anderen kulturellen Hintergrund hatten. Gemeinsam war ihnen allen, dass sie und ihre Eltern von der nationalsozialistischen Gesellschaft, die sich selbst als „Volksgemeinschaft“ definierte, ausgegrenzt und als Angehörige einer „fremden Rasse“ verfolgt und diskriminiert, beraubt und vertrieben, misshandelt und später ermordet wurden. So wurde die Schule für alle Beteiligten zu einer wichtigen Institution des Zusammenhalts und der Gemeinschaft in einer Zeit der Not.

Die Schule hatte zunächst sechs, später acht Klassen. 1936 und 1937 konnten schließlich das neunte und dann auch das zehnte Schuljahr eingeführt werden. Die Schülerschaft wuchs zunächst schnell, weil auch Eltern aus umliegenden Städten am Niederrhein oder im Bergischen Land ihre diskriminierten und ausgegrenzten Kinder nach Düsseldorf in die Kasernenstraße schickten. Später kamen Schüler hinzu, die aus einer so genannten „Mischehe“ stammten, also nur einen jüdischen Elternteil hatten und nicht mehr am „deutschen Schulunterricht“ zusammen mit „rein arischen“ Schülern teilnehmen durften.

Vor allem aber durch Flucht und Emigration schwankte die Anzahl der Schülerinnen und Schüler ganz erheblich: Bei der Gründung der Schule (1935) waren es 210 Kinder und Jugendliche, schon im Folgejahr 384, bei Kriegsbeginn 1939 jedoch nur noch 66. Diese Zahl verkleinerte sich dann noch einmal auf 55 (1940) und schließlich 42 (1941). Zahlreiche Kinder konnten in der Zeit zwischen dem Novemberpogrom 1938 und dem Kriegsbeginn im September 1939 von ihren Eltern mit einem „Kindertransport“ nach Großbritannien oder zu Verwandten in andere Fluchtländer geschickt und so gerettet werden. In ihren Erinnerungen wird die jüdische Volksschule überwiegend positiv beschrieben: als zentrale Zwangs- und Schicksalsgemeinschaft, aber auch als ein verlässlicher und lebendiger Ort des Lernens.

Wie viele ehemalige Schülerinnen und Schüler der jüdischen Volksschule bis 1945 Opfer des Holocaust wurden, ist nicht genau zu ermitteln: Auch diejenigen, die sich nach ihrer Emigration – beispielsweise nach Belgien, Frankreich, Polen oder in die Niederlande – an halbwegs sicheren Orten wähnten, wurden nach der deutschen Besatzung vielfach verhaftet und in die Vernichtungslager deportiert. Viele Schüler der jüdischen Volksschule an der Kasernenstraße haben den Holocaust nicht überlebt.

Die Lehrerinnen und Lehrer

Leiter der jüdischen Volksschule war zunächst der 1903 in Offenbach geborene Dr. Kurt Herz. Er hatte an der Universität in Frankfurt am Main promoviert und war als Studienreferendar und Studienassessor an höheren Schulen in Gießen, Mainz und Offenbach tätig. 1929 wurde er an die Universität Berlin berufen. Dort unterrichtete er zugleich am Kaiser-Friedrich-Realgymnasium in Berlin-Neukölln als Lehrer, wurde 1933 als Jude jedoch aus dem Staatsdienst entlassen und kam zwei Jahre später nach Düsseldorf.

Laut Kurt Herz sollte die Schule „im wahrsten Sinne des Wortes Gemeinschaftsschule“ sein und „vor allem Erziehungsgemeinschaft“. Die Lehrer, so Herz, sollten den „Kindern zugleich Freunde und Berater sein und ihnen auch den Weg ins Leben zeigen“. Sie seien dafür zuständig, bei den Kindern eine jüdische Identität zu festigen und sie zugleich auf die Herausforderungen vorzubereiten, die beispielsweise eine Emigration mit sich brächte. Damit war eines der Erziehungsziele klar benannt: Vor dem Hintergrund einer sich immer mehr zuspitzenden antisemitischen Politik der Nationalsozialisten behielten die Lehrerinnen und Lehrer die Entwicklungen in Deutschland realistisch im Blick, den Kindern hingegen wollten sie neben den Unterrichtsinhalten auch eine harmonische Insel ermöglichen und einen Ort der Sicherheit und des Gemeinschaftsgefühls aufbauen. Nachdem Dr. Herz in Folge des Novemberpogroms in das Konzentrationslager Dachau verschleppt und nach vier Wochen wieder entlassen wurde, emigrierte er im Februar 1939 zusammen mit seiner Frau nach England. Sein Nachfolger wurde der Pädagoge Kurt Schnook. Im November 1941 wurde dieser von Düsseldorf in das Ghetto Minsk (Weißrussland) deportiert und dort ermordet.

Das kleine Kollegium war vielfältig tätig, seine Mitglieder waren aus ganz unterschiedlichen Zusammenhängen an die Schule gekommen: Dr. Ellen Herz (1935-1939), die Handarbeit und Hauswirtschaft unterrichtete; Kurt Schnooks Ehefrau Theresia unterrichtete Englisch. In den Jahren 1938 und 1939 verließen einige Lehrer Düsseldorf oder emigrierten direkt nach England, Belgien oder Palästina: Grete Eichelberg, Erna Friedländer (Naturwissenschaften und Deutsch), Julius Kleinmann (Mathematik und Sport), Dr. Ruth Nussbaum (Englisch und Französisch), Dr. Beatrice Strauss (Sprachen und Landeskunde) oder Werner Weiss (Werkunterricht).  Der Rabbiner Dr. Siegfried Klein, der seit 1919 in Düsseldorf amtierte, unterrichtete die Kinder in Religion, bereitete sie auf ihre Bar- oder Bat Mitzwa-Feiern vor und las mit ihnen aus der Thora. Im Oktober 1941 wurde er in das Ghetto Litzmannstadt (Łodz) deportiert und 1944 im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau ermordet. Leopold Vogel, der zugleich seit 1924 auch Kantor der Jüdischen Gemeinde war und in der Synagoge vorsang, und Erwin Palm waren Musiklehrer in der Volksschule. Beide wurden 1941 in das Ghetto Minsk verschleppt. Zu den prägenden Persönlichkeiten des Kollegiums gehörte auch der 1911 geborene Pädagoge Dr. Kurt Bergel. Er war in Frankfurt am Main aufgewachsen und hatte das dortige Wöhler-Realgymnasium besucht. In Frankfurt und Berlin hatte er studiert, bevor er nach Düsseldorf kam. Hier unterrichtete er Englisch, Geschichte, Deutsch und Hebräisch. Kurt Bergel konnte im Februar 1939 nach London emigrieren. Er studierte später in Berkely (USA) und wurde Professor an der Chapman University in Orange. Bergel starb im März 2001. Der Maler Julo (Julius) Levin trat dem Kollegium 1936 bei und leitete als Zeichenlehrer den Kunstunterricht.

Julo Levin, 07.03.1934, Fotograf unbekannt, Stadtmuseum Landeshauptstadt Düsseldorf (smd.F 10846)

Donnerstag, 10. November 2011

Bildung im Großherzogtum Berg



1806-1815

Joachim Murat findet bei seiner Ernennung zum Großherzog von Berg ein an den feudal-absolutistischen Traditionen der pfälzischen Kurfürsten ausgerichtetes Schul- und Bildungswesen vor. Neben der begrenzten Zahl von Höheren Lehranstalten und den Lateinschulen existiert die „deutsche Schule“ als Grundschule. Es gelingt Murat und Napoleon nicht, die dreiteilige Schulordnung nach französischem Vorbild im Großherzogtum Berg einzuführen. Weiterhin wird die gewöhnliche Dorfschule von einem meist geistlichen Lehrer geleitet. Seine Einstellung, Qualifikation und Bezahlung sind von der Kirchengemeinde abhängig. Die Qualität des Unterrichts ist sehr unterschiedlich und weitgehend von den Interessen und finanziellen Möglichkeiten des jeweiligen Ortsgeistlichen abhängig. Der einzige Erfolg der „französischen“ Schul- und Bildungsaufsicht besteht in der Einführung des Unterrichtsfachs Französisch und in dem verstärkten Angebot naturwissenschaftlicher Fächer.

Landelle nach Jacques François Joseph Swebach (1769 - 1823)
Son al:esse Imp.le le P.ce Murat, G.d Amiral de France, Duc de Clèves et de Berg, um 1806
Kolorierter Punktstich
Stadtmuseum Landeshauptstadt Düsseldorf
(Inv.-Nr. : SMD.D 1562)

Stellvertretend sei an dieser Stelle ein Protest gegen die Schließung einer Schule in der Ortschaft Selm aus dem Jahr 1806 genannt (Landesarchiv Nordrhein-Westfalen Abteilung Rheinland-Düsseldorf • Großherzogtum Berg Nr. 6536). 
Die Ortschaft Serm, heute ein südlicher Ortsteil Duisburgs, ist zur Zeit der Bittschrift eine selbständige Gemeinde im Amt Angermund. Die unterzeichnenden Eltern bitten, die Regierungsentscheidung auf Schließung der Schule in Serm rückgängig zu machen. Der Weg in die Schule der Nachbargemeinde Mündelheim sei den kleinen Kindern wenig zumutbar, insbesondere in witterungsungünstigen Zeiten. Sie hätten eine schwache Konstitution; die armen Tagelöhnerkinder trügen mangelhafte Kleidung. Ebenso sei der lange Weg in die Schule eines Nachbarortes wegen der fehlenden Essenversorgung für die Kinder nicht zumutbar, weil diese nur zu Hause erfolge.
Die Regierung will mit der Zusammenlegung eine geordnete Kontrolle über eine reduzierte Zahl von „deutschen Schulen“ (d.h. Grundschulen) erreichen. Mit ihrem Protest reagieren die Eltern darauf. Er zeugt von dem Bemühen der Bewohner kleinerer Orte, ihre „Strauchschulen“ vor einer Überführung in eine „Zentralschule“ zu bewahren.


In den Jahren 1806 und 1812 gibt es Bemühungen in Düsseldorf eine Universität zu gründen.
In einem handschriftlichen Entwurf Murats aus dem Jahr 1806 geht es um die Gründung einer Universität in Düsseldorf. Der Entwurf von 1812 enthält außerdem eine Auflistung der Lehrstühle. 
Auch Napoleon beschäftigt sich mit der Gründung einer Universität in Düsseldorf. Bereits kurz nach seiner Ankunft in der Residenzstadt, diktiert er Roederer: „Der öffentliche Unterricht muss in der Weise gestaltet sein, dass Düsseldorf der Mittelpunkt des Unterrichtswesens mit einer alle akademische Grade verleihenden Universität wird und alle Lehrstühle dort ausschließlich mit Graduierten der Universität zu besetzen sind.“ Schon am folgenden Tag stellt Graf Nesselrode in einer vom Kaiser geleiteten Staatsratssitzung das Organisationsprojekt „Universität“ vor. Am 17. Dezember 1811 wird dann das Dekret unterzeichnet, dass die Gründung der Universität beschließt. Demnach soll eine aus fünf Fakultäten zusammengesetzte Fakultät entstehen: Protestantische und katholische Theologie, Rechtswissenschaft, Medizin, Mathematik und Physik sowie Literatur. Die Universität soll im alten Schloss untergebracht und der Lehrbetrieb am 1. März 1812 aufgenommen werden. Tatsächlich wird eine Hochschule aber erst 1965, also über 150 Jahre nach Napoleons Tod, ins Leben gerufen.

Das Dekret bzw. der Entwurf befindet sich heute  im Landesarchiv Nordrhein-Westfalen Abteilung Rheinland-Düsseldorf (Großherzogtum Berg Nr. 5320 und Nr. 118) und ist in der Laufzeit der Napoleon [...] Düsseldorf Ausstellung im Stadtmuseum zu sehen.





Donnerstag, 6. Oktober 2011

100 Jahre Goethe-Gymnasium –
eine Schule im Wandel der Zeit

In den Projekträumen des Stadtmuseums haben Schüler des Goethe-Gymnasiums Düsseldorf eine Ausstellung anlässlich des 100 jährigen Schuljubiläums entwickelt.

Dokumente aus der Geschichte des Goethe-Gymnasiums (Ausstellung Stadtmuseum Düsseldorf, Oktober 2011).
In verschiedenen Themenfeldern präsentieren Schülergruppen die Geschichte der Schule. Sie beschäftigen sich mit dem Schulgebäude im Wandel der Zeit, dem Namenspatron und den Unterrichtsmedien im Verlauf von 100 Jahren.

Dokumente aus der Geschichte des Goethe-Gymnasiums (Ausstellung Stadtmuseum Düsseldorf, Oktober 2011).
Die Ausstellung ist im Stadtmuseum bis zum 28. Oktober zu besichtigen.
Mehr zum Thema:

Mittwoch, 21. September 2011

Erinnerungen an die Kindheit und Schulzeit in Düsseldorf

Erinnerungen
von Regina Walter

"Ich wurde 1947 im Vinzenz Krankenhaus in Düsseldorf geboren.
Auch mein Vater, der erster Polizeihauptkommissar und Leiter des linksrheinischen Schutzbereichs VI war, ist waschechter Düsseldorfer und darauf immer sehr stolz gewesen. Anlässlich seines ungewöhnlichen 4o-jährigen Dienstjubiläums wurde er von verschiedenen Journalisten interviewt. „Ich freue mich, dass ich als Düsseldorfer auch immer in Düsseldorf Dienst getan habe“ bekennt er wörtlich. Aus den Zeitungsberichten habe ich die mündlichen Aussagen (z.B. RP Bei uns in Oberkassel, Niederkassel… vom 13.11.1981) übernommen und so das Gespräch zwischen Vater und Tochter „nacherzählt“.
Meine Erinnerung an die unfreundliche Kopfnuss der Lehrerin Wolf und des darauf folgenden Unterrichts meines Vaters in der Schule ist genau wie beschrieben, geschehen."


„Sag mal, Vati, wie bist du zur Polizei gekommen?“
„1945 kam ich aus der Kriegsgefangenschaft zurück. Ich hatte Glück. Mein Vater, dein Großvater, war damals 1. Polizeisekretär der Stadt Gerresheim und seit deren Eingemeindung 1910 in Diensten der Stadt Düsseldorf. Er stellte mich dem damaligen Polizeioberst Rost vor. Nach bestandener Kurzprüfung kam ich im Februar 1946 zur Polizei.“
„Da warst du gerade mal 21 Jahre alt und Mutti 20. Elisabeth war auch schon auf der Welt.“
„Ja, der Anfang in den damaligen Notzeiten war ganz schön hart für deine Mutter und mich.“
„Erzähl doch mal, wie es weiterging.“
„Auf Schusters genagelten „Rappen“ begann mein Polizeidienst, später dann fuhr ich mit dem Fahrrad. Zu Anfang hatte ich noch nicht einmal eine Polizeiuniform, sondern trug am linken Ärmel eine Armbinde mit der Aufschrift „Military Gouvernement Police“. Die so genannte Uniform bestand aus zusammen gestoppelten Kleidungsstücken. Heute würde kein Mensch mehr so etwas anziehen. Meine Tagesverpflegung bestand aus einem matschigen Maisbrot. Reichhalter war die tägliche Dienstzeit, die dauerte 12 bis 18 Stunden.“ 

„Unvorstellbar. Gibt’s die Armbinde noch?“

„Keine Ahnung.“

„Ein paar Jahre später, als Du im Polizeipräsidium Leiter der Funkleitstelle warst, habe ich dich gerne besucht. Obwohl des dort einen Paternoster gab, der mir unheimlich war. Ich durfte dir manchmal den Henkelmann mit dem warmen Mittagessen bringen.“ 

„Ja, auch da hatte ich wieder großes Glück. Meine im Militärdienst erworbenen Funk-Kenntnisse verhalfen mir ins Polizeipräsidium. Dort begann ich den Aufbau und Betrieb des Stadtfunks zu organisieren. Dazu gehörten die ersten drei Peterwagen der Stadt Düsseldorf.“

„Wohnten wir da ja schon auf der Weberstraße?“ 

„Ja. So langsam ging es uns und anderen Familien etwas besser. Trotzdem wären wir ohne den zusätzlichen Lohn, den deine Mutter nach Hause brachte, nicht so gut über die Runden gekommen.“ 

„Ich fand es toll, dass du dann immer für uns gesorgt hast. Deine Schnittchen waren die allerleckersten auf der Welt.“

„Daran erinnerst du dich noch?“

„Weißt Du noch, als ich mal heulend aus der Schule nach Hause kam? Fräulein Wolf hatte mir mit ihrem Siegelring eine Kopfnuss verpasst, weil ich im Unterricht gestört habe“. 

„Mh, wie ging’s weiter?“ 

„Ich habe mich bei dir ausgeheult. Die war so ungerecht zu mir.“ 

„Ach, ja! Ich bin dann zu ihr hingegangen und habe mich beschwert.“ 

„Und dann bat sie dich, in meiner Schulklasse Verkehrsunterricht zu halten. Du bist in deiner Uniform gekommen, hast vor meiner Klasse gestanden und über Verkehrsregeln und gesprochen. Ich war total stolz auf dich!“


Henkelmänner. Some Rights Reserved Claus Ableiter.

Montag, 12. September 2011

Projekt sucht Teilnehmer

Wir alle haben sie. Bei den Einen liegt sie schön länger zurück, als bei Anderen: Die Kindheit. In unserem Bildungssystem ist die Kindheit eng mit der Schulzeit verknüpft.
In dem Projekt "Kindheit und Schulzeit in Düsseldorf" möchte das Stadtmuseum von seinen Besuchern und den Bürgern der Stadt erfahren, wie ihre Kindheit und Schulzeit in Düsseldorf war oder auch noch ist!

Was waren die Probleme der Kinder und Jugendlichen früher?
Welche Konflikte gilt es heute zu lösen?
Wie ist die Sicht der Lehrer auf ihre Schüler?
Wie sehen die Schüler ihre Lehrer?
Welcher heutige Schüler möchte morgen Lehrer werden?
"Die Schule" von Hans Rilke, Lithografie 1921 (Stadtmuseum Düsseldorf).
Schickt oder postet uns Berichte, Fotos von Eurer/Ihrer Kindheit und Schulzeit. Kontaktadresse: janphilipp.graefe@duesseldorf.de

Bei den Fotos bitte beachten, dass die Angabe, dass Euch/Ihnen die Fotos gehören und alle beteiligten Personen mit einer Veröffentlichung im Internet einverstanden sind, zwingend erforderlich ist! Die Redaktion behält sich das Recht vor, Beiträge abzulehnen, zu kürzen und sprachliche Veränderungen vorzunehmen.

Das Projekt ist im Sinne des fragenden Museums mit dem Aufruf zur Partizipation aller Bürger zu verstehen!